Insbesondere auf Mehrtagestouren in den Alpen spüre ich nach zwei, drei Tagen ein Spannen und Ziehen in der Beinmuskulatur. Je nach Gewicht des Rucksacks manchmal auch in den Armen und Schultern. Vielleicht dehnen und strecken wir uns intuitiv ein bisschen, weil wir merken, dass es uns gut tut. Wie wäre es in solchen Momenten unserem Körper etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken? Mit einfachen Yogaübungen tun wir nicht nur unserer Muskulatur und Sehnen etwas gutes, sondern fokussieren auch unsere Gedanken und entspannen unseren Geist. Bergbaden und Yoga am Berg ergänzen sich perfekt, wie ich meine. Ich habe dir meine Yogaübungen zusammengestellt, die ich gerne in Pausen im Aufstieg integriere oder abends auf der Berghütte mache. Wähle bitte immer einen Untergrund auf dem du sicher stehst. Entspannungs-, Dehn- und Streckübungen im Absturzgelände sind natürlich keine gute Idee…
Yogapause am Berg
Du befindest dich im Aufstieg, der Rucksack liegt hoffentlich mehr auf den Hüften denn auf den Schultern auf, aber ein bisschen spürst du schon die Belastung in den Armen. Wenn du in der nächsten Trinkpause den Rucksack absetzt, dann gönne deinen Armen und Rücken eine bewusste kleine Entspannung mit dieser Mini-Yogaeinheit:
Vorbeuge mit und ohne Wanderstöcke
Bringe deinen Oberkörper zu deinen Beinen stehend in einen 90 Grad Winkel, indem du dich auf deine Wanderstöcke abstützt. Du kannst dabei die Arme ausstrecken oder beugen. Wichtig ist lediglich, dass du den Überkörper nicht durchhängen lässt, sondern deinen Rücken in die Länge streckst. Spüre wie sich deine vom Rucksack gestauchte Wirbelsäule entspannt und wieder weicher wird. Wenn es sich für ich richtig anfühlt, dann kannst du deine Hüften abwechselnd rechts und links nach hinten schieben oder die Beine abwechselnd beugen und strecken. Gib dich gerne einem kleinen Flow hin. Bleib dabei in deinen Bewegungen kontrolliert, aber lass dich danach leiten, was dir in diesem Moment ein gutes Gefühl gibt.
Dehnung des Oberkörpers
Um deinen Rücken mit einem kleinen Twist der Wirbelsäule zu entspannen, stelle dich zunächst mit den Wanderstöcken aufrecht hin. Der Hals ist lang und die der Kopfscheitel zieht bewusst Richtung Himmel. Versetze nun einen Wanderstock mit gestrecktem Arm hinter dich. Dein Oberkörper dreht sich dabei leicht mit, die Hüfte bleibt unverändert und stabil. Drücke vielleicht pulsierend immer wieder deine nach hinten gedrehte Schulter weiter in die Dehnung und versuche mehr über deine nach hinten zeigende Schulter zu blicken. Eine angenehme Dehnung sollte sich in deinem Rücken bemerkbar machen. Verzichte auf ruckartige Bewegungen. Genieß das Bergpanorama und atme bewusst ein und aus.
Streck dich gen Himmel
Eine wunderbare Kombination aus Atemübung und Dehnen am Berg: Führe aufrecht stehend deine gestreckten Arme seitlich über einen 90 Grad Winkel bis über deinen Kopf. Atme während der Bewegung ein. Strecke deinen Rücken in die Länge und versuche deine Fingerspitzen dem Himmel ein bisschen näher zu bringen. Mit dem Ausatmen senke die Arme gestreckt wieder im gleichen Bogen ab bis sie seitlich deine Oberschenkel berühren. Der Bewegungsablauf wird dynamischer, wenn du bei Beginn der Armbewegung die Beine leicht beugst und die Beine ebenfalls streckst, sobald die Arme über den Kopf gestreckt sind. Mit Absenken der Arme beugen auch die Knie sich leicht wieder. Die Übung ist entspannend und aktivierend zu gleich. Es geht dabei keinesfalls um Geschwindigkeit, sondern das gemeinsame Fließen von Einatmung und Strecken zu Ausatmen und Beugen.
Yoga auf der Berghütte
Ob abends für der Hüttenruhe oder morgens wenn du dich aus deinem Hüttenschlafsack schälst, nun tun dir ein paar Yogahaltungen sicher gut. Wenn du nicht der Persönlichkeitstyp bist, der sich morgens vor der Berghütte beim Yoga beobachten lassen möchte, dann kommt hier die Lösung: Bleibt 5 Minuten länger liegen und nutze den Moment für Yogaübungen im Liegen.
Dehnung von Oberschenkelrückseite im Liegen
Deine morgendlichen Dehnübungen beginnst du am besten auf dem Rücken liegend. Wenn es der Platz hergibt, dann kannst du dafür sogar im Hüttenschlafsack liegen bleiben. Strecke beide Beine in die Länge. Auch die Füße sind gestreckt. Nun zieh ein Knie zu deinem Oberkörper nah heran. Dabei kannst du auch das Fußgelenk kreisen oder den Fuß flexen. Nach dem Beinwechsel kannst du beide Beine heranziehen und angewinkelt über deiner Hüfte langsam kreisen lassen. Dein unterer Rücken wird dabei in die Matratze gedrückt und sanft massiert.
Puppy-Pose für die Wirbelsäule
Denk an das wohlige Dehnen eines Hundes am Morgen. Setz dich auf deine Unterschenkel und leg den Fußrücken ab. Deine Arme streckst du nun so weit wie möglich auf der Matratze vor dich. Die Hüfte hebt sich von den Unterschenkeln ab. Damit der Rücken weiter lang gestreckt ist, darfst du mit den Fingern gerne noch einige Zentimeter nach vorne rucken. Es entsteht eine angenehme Spannung zwischen deiner Hüfte, die nach oben und hinten zieht, sowie deinen Armen, die sich nach vorne und unten strecken.
Baby-Pose für den unteren Rücken
Für die yogische Haltung des Kindes legst du nun die Hüften und den Po wieder auf den Unterschenkeln ab. Die Arme bleiben gestreckt oder du legst sie neben deinem Körper ab. Der Rücken ist nun gerundet und entspannt sich besonders weich, wenn du deine Knie weit öffnest. So kannst du dein Oberkörper zwischen den geöffneten Beinen auf der Matratze ablegen. Ob du deinen Kopf nach rechts oder links drehst, entscheidest du ganz intuitiv.
Fitter am Berg mit Yoga für Bergwanderer?
Yoga ist nicht nur entspannend. Die Körperhaltungen bringen deine Beweglichkeit und körperliche Flexibilität auf das nächste Level. Es gibt Yogaübungen die gezielt die Muskelgruppen ansprechen, die beim Klettern beansprucht werden. Wer die eigene Leistungsfähigkeit beim Bergwandern und Bergsteigen erhöhen möchte, der kann das Ausdauer- und Krafttraining auch mit Yoga ergänzen. Falls du auf Inspirationssuche bist, vor ein paar Jahren bin ich auf das tolle Buch „Yoga für Bergsportler und Kletterer“ gestoßen. Die vorgeschlagenen Asanas sind zwar ideal für die Vorbereitung auf die Tourensaison zuhause, aber nur sehr eingeschränkt als Yogaeinheit am Berg empfehlenswert.